Sonntag, 25. August 2019

Ganz unten

Der Brunnen ist fast trocken, also ab nach ganz unten und schauen, ob man da noch was machen kann.


Die Elbe hat schon seit Wochen historische Tiefststände, auch das Grundwasser hier im Urstromtal der Elbe steht so tief wie noch nie. Heute waren es 3,42 Meter unter dem Brunnendeckel oder nach absolutem Maß: bei 44,60 m über NN. Oder, für die Bewässerung des Gartens viel wichtiger: Nur noch zwanzig Zentimeter Wasser stehen im Brunnen. Weil der Saugschlauch auch noch ein paar Zentimeter unter Wasser hängen muss (etwa 15 Zentimeter sinkt der Wasserstand bei einer Entnahme von 1200 l/h), ist das zu wenig, um länger als ein paar Minuten zu gießen. Und Woche für Woche geht der Wasserspiegel um weitere zwei bis drei Zentimeter zurück. Der bisher höchste Grundwasserstand war im Januar 2011, da stand es 1,415 m unter dem Rand bzw. bei 46,605 m über NN.

Also die Leiter rein und versuchen, im Brunnen noch etwas tiefer zu kommen. Eine Tauchpumpe saugt den Brunnen noch weiter leer, bis nur noch die letzten fünf Zentimeter Wasser drin bleiben. Selbstverständlich geht es nicht runter, ohne dass oben eine Sicherungsperson ist. Bei 32 Grad draußen ist es unten angenehm kühl.

Variante 1: Der Brunnen ist aus Ziegeln gemauert und steht im Kies des Urstromtals. Auch der Boden besteht aus Kies, der vom nachströmenden Wasser aufgewirbelt wird. Vielleicht kann man noch etwas Kies herausholen, den Brunnen so vertiefen? Aber ein Griff mit der Hand an die untere Ziegelreihe zeigt: darunter sind keine weiteren Steine. Kies rausholen würden den gemauerten Brunnen gefährden.

Variante 2: Einen Kunststoffeimer soweit eingraben, dass dessen Rand mit dem Kies abschließt und dort dann den Saugschlauch reinhängen. Dann kann man so Wasser bis zum Grund des Kiesbodens saugen. Damit würden wir einige Zentimeter gewinnen.

Zunächst wurden einige im Lauf der Zeit heruntergefallene Ziegel, vielleicht von der oberen Umrandung, die ich Anfang der 90er Jahr bereits ausbesserte, heraufgeholt. Auch einige rostige Teile kamen ans Tageslicht. Was es ist, kann man nur erahnen, manchmal nicht einmal das. Eine Schlaufe eines Stahlseils erkennt man. Einen dicken Nagel. Ansonsten etwas harmloser Schrott. Und: zum Glück keine Kriegshinterlassenschaften, wie sie vielleicht bei Einmarsch der Amerikaner oder der Sowjetarmee schnell entsorgt wurden.

Interessantestes und auch am besten erhalten: eine kleine hölzerne einteilige Tabakspfeife. Zum Rauchen nicht mehr geeignet, Auch wenn die Brennkammer von Kiesresten befreit werden konnte, sind Holm und Mundstück zugesetzt, lassen sich nicht reinigen. Auch ist das Holz an einigen Stellen schadhaft. Vermutlich ist die Pfeife einem früheren Bewohner beim Wasserholen reingefallen. "So ein Mift", dürfte er gemurmelt haben, sauer über den Verlust, der aber nicht so tragisch war, als dass es sich gelohnt hätte, die Pfeife zu bergen.

Am Ende schaffte ich es, den Eimer so halbwegs einzugraben. Einfach war es nicht, weil sich im Kies unter Wasser nicht einfach so ein Loch graben lässt: es rutscht alles nach. Ein Ziegelstein kam noch in den Eimer rein, damit er nicht aufschwimmt. Die Pumpe läuft nun erst mal wieder. Mal sehen, wie viele Wochen das noch geht. Ansonsten kommt nur noch Variante 3 in Frage: Ein Meterstück Schlitzfilterrohr in den Brunnen hineinbohren. Dabei muss man aber aufpassen, nicht die irgendwo darunter liegende Tonschicht zu durchbohren und auf den nächsten Grundwasserhorizont zu kommen. Denn dort käme dann rostiges Wasser, während das Wasser aus der oberen Grundwasserschicht klar ist. Einige Elbenauer Brunnenbesitzer mussten schon diese unangenehme Erfahrung machen. Sie hatten ihre Brunnen zu tief bohren lassen – und haben nun zwar reichlich, aber nur eisenhaltiges, an der Luft braun werdendes Wasser. Das sieht man dann an den braunen Verfärbungen des Pflasters oder der Fassade, wenn dort der Wassersprenger seine Spuren hinterlässt.

Mehr Kies (und Steine und Zeug) habe
ich nicht nach oben geholt.
Hierfür bräuchte ich einen guten Rostlöser. :-)

Der Rostlöser kam in Form eines Hammers und zeigt
bei einigen der Artefakte, was sich unter dem Rost
verbirgt. Der Karabinerhaken unten rechts lässt
sich sogar noch leichtgängig bewegen.
Außerdem: eine Kneifzange, eine Kette, ein
Messergriff, Nägel und irgendwelcher Kleinkram.

Eine hölzerne Tabakspfeife

1 Kommentar:

  1. was Du in Deiner Freizeit so treibst--sehr interessant..Die Pipe ist klasse.

    AntwortenLöschen