Sonntag, 23. Juni 2019

Wenzel und Gäste: Sommerkonzert in Kamp

Jedes Jahr zum Sommeranfang lädt Wenzel in der kürzesten Nacht des Jahres zum Konzert. "Wenzel und Gäste" steht als Titel darüber und Wenzel spielt mal Solo, mal mit Begleitung, mal mit mit seiner kompletten Band bis in den Morgen hinein. Mit viel Engagement unterstützt der Kamper Hafenverein das Konzert und  macht überhaupt erst möglich, dass sich die hunderten Besucher einen Abend lang so wohl an diesem schönsten Ende derWelt fühlen. In diesem Jahr zum zwanzigsten Mal.
Hans-Eckardt Wenzel – p, g, acc, voc
Theo – voc
Thommy Krawallo – b, g
Hannes Scheffler – b, g
Stefan Dohanetz – dr, perc
Manual Agosthinho Peireira – trp
Lexa Schäfer – b (im letzten Set)

Am Anfang des Konzertes steht Wenzel allein auf der Bühne, mit Gitarre, mit Akkordeon. "Sing den Trotz dir aus der Kehle / geb' dich nicht geschlagen / kotze Dir nicht deine Seele aus dem Magen" singt Wenzel zu Beginn. Ein neues Lied, in dem er sich gegen die allgegenwärtige Meinungsmache der "Wutbürger" stellt. Neben den kräftigen Liedern stehen immer wieder sanfte, wie "mach die Türe sachte zu / jedes Ich braucht auch ein Du". ("Scheiße, Mach die Türe zu, das ist ja merkwürdiger Satz gleich am Beginn eines Konzertes" sagt er dazu). Man hört dieses Lied und fühlt sich gleich heimisch in Kamp. "Was ist Wahrheit?" fragt Wenzel: "die Übereinstimmung zwischen Vorstellung und Wirklichkeit" und singt sein Lied von der schönen Festung Lilienstein. Auf "für mich sind tausend Tode ausgedacht" folgt "Diese Nacht ist uns gegeben / lasst uns etwas lauter leben".

Gleich darauf begrüßt Wenzel Tobias Morgenstern auf der Bühne. "schon 40 Jahre spielen wir zusammen", sagt er. Morgenstern begann erst solo, mit wunderschöner Musette-Klängen auf seinem Akkordeon, zog mit weitausholenden Bewegungen den Balg des Instrumentes in die Länge, seine Finger fliegen über die Tasten. Danach kommt Wenzel wieder hinzu. Auch im Duo wechseln poetische Lieder mit kräftigen, wie Sankta Statistica. Oh könnte man doch sagen / es kommt auf mich nicht an ist dann wieder eines der Lieder, die nur zu gut auf unser Zeit passen. Doch, Wenzel, Du hast recht, es kommt auf Dich an, es kommt auf jeden von uns an. Und wie viel bequemer könnte es sein, sich zurückzulehnen. Auch von Wenzel vertonte Texte von Theodor Kramer standen auf dem Programm, wie Hätt ich ein Gewind zu schmieren oder ich möchte eine kleine Wirtschaft führen, das schon von seiner allerersten Schallplatte stammt. Ja, in solcher einer kleinen Wirtschaft möchte ich selbst auch gern sitzen.

Gemeinsam mit seiner Band, die ihn wie immer wunderbar begleitet, beginnt Wenzel im nächsten Set dann mit Liedern der aktuellen CD. Lieder wie Nur der Mond mit seinem Licht, mit den kräftigen Trommelschlägen von Stefan Dohanetz. Als Wenzel und Band dann ihr "Ahoi, ahoi, ... sie kriegen uns doch alle" anstimmen, dann kriegen sie sie aber auch in Kamp alle: alle Zuhörer, die dicht gedrängt stehen und spätestens da laut mitsingen. Und auch Theo ist hier auf der Bühne, um mit seiner hellen Stimme den Refrain laut mitzusingen (wie auch bei einigen anderen Liedern, deren Refrain zum lauten mitsingen geradezu herausfordert).

Samstag, 22. Juni 2019

Kamper Impressionen

Immer in der kürzesten Nacht des Jahres kommen Hunderte nach Kamp, um Wenzel live zu hören, gemeinsam zu feiern, zu tanzen. Freunde von Wenzels Musik, von Wenzel, seinen Musikern. Denn auch so kann man "Wenzel und Gäste", den Titel des Sommerkonzertes, verstehen.

Park- und Zeltplatz

Kamp ist ein winziges Dorf, vielleicht nicht mal das, hat nur noch 13 Einwohner. Im Sommer ein paar mehr, wenn der Hafen Wassersportler anzieht und einige Ferienwohnungen belegt sind. Wenzel und seine Band hatten sich vor vielen Jahren dorthin zum gemeinsamen Proben zurückgezogen. Irgendwann sagten sie zu, mal beim jährlichen Hafenfest aufzutreten. "Diesmal ist es das zwanzigste Mal, dass wir in Kamp spielen", sagte Wenzel. "Im Jahr drauf machten wir dann das erste mal ein eigenes Konzert draus, mit Freunden gemeinsam", sagte Wenzel. Eines der ersten Wenzel-und-Gäste-Konzerte hatten wir besucht, als wir in Usedom mit den Kindern Urlaub machten und zufällig davon lasen. Dann verloren wir Kamp etwas aus den Augen und sind erst die letzten Jahre wieder regelmäßig dort. Dort, wo die Welt hinter einen langen und schmalen Betonplattenstraße zu Ende ist, am vielleicht entspanntesten Ende der Welt. Denn ist man nach langer Fahrt endlich angekommen, hat das Auto auf dem Wiesenparkplatz abgestellt, hat, weil man rechtzeitig losgefahren ist, noch viel Zeit bis zum ersten Konzert, dann ist es wirklich so wunderbar ruhig und entspannt. Die mitgebrachte Flasche Wein wird geöffnet, das Auto zum schlafen hergerichtet, dann ein Stündchen ausgeruht oder ein kleines Stück spazieren gegangen.

Wenzel und Theo: Wir machen Musik

Das erste Konzert von Wenzel und Freunden gehört den Kindern. Und gehört auch Theo. Allein mit seinem 8jährigen Sohn steht Wenzel auf der Bühne am Hafen von Kamp und singt Kinderlieder, alte und neue, und egal ob klein oder groß, alle singen mit, haben Freude an der Musik.


Stellt Euch alle in den Kreis / jeder singt das was er weiß / jeder spielt das was er kennt / auf dem Instrument – mit dem ersten Lied von Maschas Kinderlieder-CD beginnen Wenzel und Theo ihr Konzert. Und bald füllt sich der Kreis um die Bühne, sitzen in der Mitte die Kinder, stehen am Rand die Erwachsenen. Denn auch die wollen mitsingen. Etwa wenn es heißt "bunt ja bunt sind alle meine Kleider" oder Wenzel ein Lied singt, "in dem zwei sich streiten und am Ende doch etwas gutes dabei herauskommt" und hinzufügt "da können wir was draus lernen". (Der Kuckuck und der Esel). Überhaupt ist Wenzel auch bei den Kinderliedern immer gern mit Kommentaren dabei, die sich auf die Welt der Großen beziehen. Etwa bei "Auf der Mauer, auf der Lauer": "Ein Lied, bei dem man immer was weglassen muss, bis am Ende nichts mehr da ist, so wie bei der Kulturförderung in Deutschland".

Samstag, 15. Juni 2019

Holzhaustheater: Schieß mich doch zum Mond

Bereits zum 20. Mal führte das Holzhaustheater Zielitz seine Kalimandscharo-Festspiele durch. Zum Jubiläum hatte sich Theaterleiterin und Regisseurin Sigrid Vorpahl das Thema von George Bernhard Shaws Pygmalion (vielleicht bekannter als Musical My fair Lady) ausgesucht und die Geschichte um das Blumenmädchen Eliza Dolittle und den Sprachgelehrten Prof. Higgins ins Magdeburgische (oder besser: ins Machdeburjische) versetzt.


Dem Holzhaustheater ist damit eine wunderbare Aufführung gelungen, mit der Regisseurin und Schauspieler ihre bisherigen Inszenierungen selbst übertroffen haben. Unter anderem mit einer sehr guten Ensembleleistung, bei der die Laien nicht hinter den beiden Profis (Schauspieler Ekkehard Schwarz und Kabarettist Udo Kleinfeld) zurückstehen. Unbedingt empfehlenswert!

Viele der bisherigen Stücke des Sommertheaters auf dem Kalimandscharo waren Themen der Olsenbande entlehnt oder nahmen lokale Geschichten oder Sagen der Region zum Ausgangspunkt. Hier nun bediente sich Sigrid Vorpahl eines weltbekannten Themas. Sie ließen den Ort der Handlung in London, versetzten das Stück sprachlich aber nach Magdeburg. Funktioniert das? Auf jeden Fall! Die Gefahr, damit ins lokal-klamaukige abzurutschen umging das Ensemble damit, dass sie sich inhaltlich und örtlich dicht am Original hielten.

Blumenmädchen Eliza begeisterte durch ihr natürliches Spiel ebenso wie durch ihre Art, mit ihrem grauenhaften Dialekt zugleich auch nicht auf den Mund gefallen zu sein. "Ach Jottchen, Scharlottchen, det is een Schentelmen", so etwa ist ihr Sprachgebrauch, als sie den etwas verschrobenen Professor beschreibt, der ihr für eine völlig überhöhte Summe alle Blumen abkauft.