Mittwoch, 22. März 2023

Holger Dülken: Dekonstruktion

Die Corona-Zeit mit ihren Einschränkungen schaffte auch unvermutet Freiräume, über neue Projekte und Ideen nachzudenken. Der Schönebecker Fotograf Holger Dülken nahm dies zum Anlass, im Fotostudio, vor einem grünen Hintergrund, wie er als "Green Screen" zum automatischen Ausschneiden von Motiven in Videoaufnahmen genutzt wird, Menschen zu fotografieren, die wie auf sich allein gestellt scheinen. Heute wurde seine Ausstellung in der Galerie im Kulturzentrum Moritzhof in Magdeburg eröffnet.

Fotograf Holger Dülken bei der Eröffnung der Ausstellung.
Die Vernissage wurde von Charlotte Fricke (Geige)
und Enna Falk (Bratsche)
musikalisch begleitet.

"Dekonstruktion" nannte Holger Dülken seine bereits 2020 entstandene Serie, in der seine Modelle allein vor der Kamera stehen, immer in der gleichen Pose, mit dem Handy als Selfiekamera in der Hand, in Selbstbetrachtung versunken. Und auf einem Podest, einem Denkmalsockel gleich, was die Fotografierten zu Plastiken ihrer selbst macht. 

Dekonstruktion auch deshalb, weil die Fotografierten aus ihrer Umgebung herausgelöst werden, an ihrer Kleidung erkennbar bleiben und in eine neue, in eine sterile Umgbung hineingesetzt werden. Die Fotografierten auf den acht beinahe lebensgroßen Fotografien stellen dabei einen Querschnitt der Gesellschaft dar. Der Wissenschaftler im weißen Forscherkittel und mit Schutzbrille, die Ärztin, der Operateur, die Pfarrerin und der Anwalt, aber auch die Malerin in der farbbespritzen Arbeitskleidung und die Paketbotin (ein Beruf, der in der Pandemiezeit eine ganz neue Bedeutung bekam, wie Olvier Scharfbier in seiner Laudatio sagte). 

Die Fotos wirken durch ihre Schlichtheit, durch das Herausstellen der einzelnen Person, ohne jeden Hinweis an den einzelnen Bildern. Laudator Oliver Scharfbier ist es, der Erklärungen liefert. Er sieht die Fotos als Sinnbild für eine verunsicherte Gesellschaft, in der jeder einzelne auf sich selbst gestellt ist, aus seiner Umwelt herausgerissen. Das Selfie ist dann die noch bleibende Selbstvergewisserung. Dem Betrachter bleibt eigener Interpretationsspielraum.

Oliver Scharfbier bei der Laudatio zur Vernissage

1 Kommentar:

  1. Ganz lieben Dank für diesen wunderbaren Blogbeitrag meiner Ausstellungseröffnung!

    AntwortenLöschen