Montag, 13. Mai 2024

Konzert in Gedenken an die Zerstörung Magdeburgs im 30jährigen Krieg

„Ein wahres Elend, der verdammte Krieg!“‍ (Aristophanes)
So lautet der Titel, den das Forum Gestaltung den Gedenkkonzerten gab, mit denen es jährlich wiederkehrend an die zwei unvorstellbaren Zerstörungen von 1631 und 1945 und an das Leid der vielen Opfer erinnert.

Warnfried Altmann – Saxophon
Hermann Naehring – Schlagwerk
Johanna Mohr – Gesang
Mohamad Issa – Lyrics, Lesung
Norbert Pohlmann – Lesung, Idee und Leitung

Am Beginn des Konzertes liest Mohamad Issa Auszüge aus "Nathan der Weise", Lessings Werk über die Weltreligionen, über Humanität und Toleranz. Norbert Pohlmann ordnet das Stück historisch ein, in die fortwährende Folge von Krieg udn Frieden. "Werden wir eine lange Friedenszeit haben", fragt er und stellt fest, "wir haben es in der Hand, denn noch ist hier ein 'Nie wieder'". Und wie als Bestätigung setzt Hermann Naehrings Schlagwerk ein, mit kräftigen Trommeln, Gongs und Percussion.

Als Mohamad Issa dann sein arabischen Gedichte vorträgt, die auch wenn man kein arabisch versteht über ihre Sprachmelodie wirken, werden diese von Johanna Mohr mit leisem Gesang begleitet. Später liest er auf deutsch, ein Blick auf seine syrische Heimat und sein Ankommen in der Sicherheit: "Hier im Exil, wo mein trauerndes Herz platz fand", Johanna Mohr fügt Liedzeilen wie "Feuer verbrennt meine Heimat" hinzu. Ein Gefühl der Trauer liegt darüber, über das universelle Leid, das es zu jeder Zeit gibt, denn irgendwo ist immer Krieg auf der Welt.

Die Liedtexte wechseln, werden geheimnisvoll, wenn Johanna Mohr von Ekmagadi singt, den Baumelfen der Auwälder an der Elbe, wenn auf die alte Geschichte Magdeburgs zurückgeblickt wird. Dan wieder zurück in die Kriegszeit: Norbert Pohlmann spricht über die Zerstörung Magdeburgs, die so schrecklich war, dass daraus ein eigenes Wort wurde, "Magdeburgisieren". In die Texte der Lieder kommen Textzeilen hinein wie "Ach, laßt doch nur den Vater leben, ich will euch auch gern meinen Dreier geben, den ich Sonntags bekomme". Was klingt wie aus einem Lied der Zeit des 30jährigen Kriegs erklärt Norbert Pohlmann nach dem Konzert: "Das stammt tatsächlich aus einem Augenzeugenbericht der Plünderung Magdeburgs, der Sohn des Stadtschreibers Daniel Friese rief das den Soldaten zu, die das Haus der Familie ausraubten. Es ist aber auch ein Zeichen dafür, dass es immer eine Alternative gebe, Nimm das Geld, nimm die Stadt, egal, Geld ist nicht wichtig, wichtiger ist das Leben".  

Ein anderer Liedtext klang wie aus einem Schauspiel von Brecht, stammte aber von der völlig unbekannten Herta Koch, die das Lied "In den Kasernen" schrieb, das nach dem Krieg von Marlene Dietrich gesungen  wurde. 

Auf Menschen Brüder, da schießen sie.
Und Menschen Brüder befehlen sie.
So war 's schon immer, und endet nie
Auf Menschen Brüder, da schießen sie.

Auch hier gibt Johanna Mohr wieder dem Gefühl des Krieges als universales Schicksal der Menschheit Ausdruck. Und auch die Klänge von Altmann und Naehring tragen dazu bei. Mal ist es die dröhnende Taikotrommel, dann wieder Marschrythmen. Versöhnlich dann am Ende das Duett von Sopransaxophon und Rahmentrommel. 

Am Ende des Konzertes deutet Altmanns Saxophon ein paar Töne von "Die Gedanken sind frei" an, die sich in seinem improvisierenden Spiel verstecken, und dann singen alle fünf es von der Bühne herab, und das Publikum singt leise mit: Denn meine Gedanken / Zerreißen die Schranken / Und Mauern entzwei / Die Gedanken sind frei.


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