Umlaufsperren heißen solche Sperren in der Fachsprache. Pikant an deren Einsatz in Schönebeck: für die Einrichtung derartiger Sperren gibt es eigentlich ganz strenge Vorgaben, niedergeschrieben in den technischen Regelwerken EFA 2002 (Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen, FGSV-Verlag, 2002) und ERA 2010, (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen, FGSV-Verlag, 2010), eben weil sie für die oben genannten Nutzergruppen ein starkes Hindernis sind. Sie dürfen deshalb überhaupt nur dann angeordnet werden, wenn es dort stärkeren "Schülerverkehr mit dem Fahrrad" gibt und wenn dieser Schülerverkehr auf eine vielbefahrene Straße trifft. Wörtlich heißt es, "die Sperren kommen aber nur an Querungsstellen mit schlechten Sichtverhältnissen oder stärkerem Kfz-Verkehr (Sammelstraßen und Hauptverkehrsstraßen) in Frage". Das ist sehr eindeutig und ausschließlich formuliert. Nun weiß jeder, der die Stelle kennt, dass es dort weder Schülerverkehr mit dem Fahrrad gibt noch dass der Elbweg eine vielbefahrene Straße ist. Folglich sind die Sperren unbegründet und wider geltendes Recht errichtet.
Hinzu kommt, dass "um ein Durchfahren mit einem Rollstuhl (oder einem Fahrradanhänger) ohne Rangieren zu ermöglichen", bestimmte Mindestdurchfahrbreiten zwischen Gitter und Wegbegrenzung vorhanden sein müssen. Auch diese sind nicht eingehalten (1,08 m statt der vorgeschriebenen 1,50 m).
Die Sperren wurden etwa im Jahr 2012 oder 2013 errichtet. Auf eine erste Beschwerde dagegen teilte teilte die Stadtverwaltung im Jahr 2014 mit, dass die Sperren gar nicht gegen Radfahrer eingerichtet wurden, sondern um ein Befahren mit Kfz und damit Diebstähle aus dem Außengelände des Weltrad (das inzwischen aber eingezäunt ist) zu verhindern. Aus EFA und ERA ergibt sich aber, dass dafür mildere Mittel zu wählen sind, also entweder die seitliche Einengung des Weges auf knapp unter 2 Meter oder durch Poller.
Die einzige – und sofort und nahezu kostenlos realisierbare – Lösung besteht darin, die Sperre herauszunehmen und, soweit das als notwendig erachtet wird, einen der mittleren Pfosten als Poller bestehen zu lassen. Selbstverständlich erst, nachdem er mit einer rotweißen retroreflektierenden Beschichtung versehen wurde. Denn auch an dieser gleichfalls vorgeschriebenen optisch auffälligen Gestaltung mangelt es den Umlaufsperren.
Im übrigen erkennt die Stadt Schönebeck selbst, wie behindernd die Sperren sind: Für eine Laufveranstaltung (den Schönebecker Dreibrückenlauf) hat sie die Sperren geöffnet. Wohlgemerkt für Sportler, für die es ein leichtes ist, solche Sperren (im wahrsten Sinn des Wortes) zu umlaufen. Für regelkonform fahrende Verkehrsteilnehmer, ganz besonders auch für Rollstuhlfahrer, aber auch für Radfaher mit Kinderhänger, bleiben die Sperren ein Hindernis. Bei einem Event mit überregionaler Teilnahme hatte man wohl Angst vor einer negativen Außenwirkung ("wer hat sich denn diesen Unsinn ausgedacht?") – anders als bei den täglichen Nutzern. Übrigens gab es vor dem Bau der Hochwasserschutzmauer einen Trampelpfad neben der Sperre, auf dem nahezu alle Nutzer, sogar Rollstuhlfahrer, die Sperre umgingen bzw. umfuhren. Das verdeutlicht den Unsinn der aufgebauten Sperre.
Läufer beim Schönebecker Drei-Brücken-Lauf, für die die Sperre geöffnet wurde. |
Auf der Sitzung des Bauausschusses am 15. Oktober habe ich die Entfernung der Sperre angeregt.
Nachtrag (30.11.2018):
Das Straßenverkehrsamt hält an der Sperre fest. Begründung: Man müsse Radfahrer und Skater davor schützen, ungebremst mit Kfz auf dem Elbweg zu kollidieren. Dumm nur, dass es auf dem Elbweg (vor den Salinehäusern) nahezu nie ein Kfz gibt. Weil: die Straße ist eine Sackgasse, das Wenden zum wieder raus fahren ist dort sehr umständlich, es besteht Parkverbot und die Anwohner haben auch keinen Grund dorthin zu fahren, weil ihre Parkplätze inkl. Zugang zum Haus auf der Rückseite der Salinehäuser liegen. Und apropos ungebremst: inzwischen ist der Weg als Gehweg + Radfahrer frei ausgeschildert. Da fahren die Radfahrer annähernd Schrittgeschwindigkeit. Und, da mündlich auch vom Gefälle des Weges gesprochen wurde: das beträgt ganze 0,35 Prozent!
Nachtrag (27.09.2019):
Das Straßenverkehrsamt hat eingesehen, dass die Sperre unbegründet und entgegen den geltenden Richtlinien aufgestellt wurde und hatte Anfang des Monats den probeweisen Abbau der Sperre angekündigt. Man wolle über einen gewissen Zeitraum sehen, ob es an der Stelle keine Probleme gebe, dann können die Sperre dauerhaft entfallen. Inzwischen ist die Sperre abgebaut. Nicht nur probeweise, sondern dauerhaft, denn die Bodenhülsen wurden entfernt und die Löcher mit Asphalt verschlossen. Danke dafür.
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