Dienstag, 16. Januar 2024

39 Minuten – Nie wieder war (noch) nie

39 Minuten dauerte der nächtliche Bombenangriff, der am 16. Januar 1945 die Magdeburger Innenstadt endgültig in Schutt und Asche legte. Das Datum war seit Gründung des Forum Gestaltung Anlass für jährliche Gedenkkonzerte, immer auch im Hoffen, fürderhin keine neuen derartige Gedenktage entstehen zu sehen. Eine Illusion.

So schrieb Norbert Pohlman in der Einladung zum diesjährigen Gedenkkonzert, dass in diesem Jahr anders gestaltet wurde als in den vergangen Jahren, mit Lesung und Musik.

Musik: [hanse]Pfeyfferey mit
Alexandra Mikheeva – Renaissanceposaune
Aleksandra Maglevanaia – Viola da Gamba
Lesung:
Norbert Pohlmann
Mohammad Issa

Norbert Pohlmann stellte die beiden Musikerinnen von der Hanse-Pfeyfferey vor, die die Tradition der in vielen Städten heimischen "Stadtpfeifer" wiederbeleben, welche in der Renaissance mit ihrer Musik das Stadtleben begleiteten. "Als sich vor zwei Jahren, im Februar 2022, die Situation rund um die Ukraine zuspitzte, hatte ich die Musikerinnen eingeladen, vom Turm der Johanniskirche aus Friedenssignale auszusenden. Als wir dafür als Termin den 25. Februar vereinbarten, wussten wir noch nicht, dass dann einen Tag davor der Krieg tatsächlich beginnen würde." Für diesen Krieg kamen wir zu spät, sagte Pohlmann und beklagte "dieses ewige Zuspätkommen der Menschen", wenn es um Frieden geht. "Vielleicht tragen unsere Gedanken aber etwas dazu bei, weiter darüber nachzudenken."

Nach den ersten Musikstücken, Renaissancemusik von Komponisten wie Orlando die Lasso, für Gambe und Posaune arrangiert, begann Norbert Pohlmann, seinen Essay über das "Nie wieder" zu lesen. Über den Spruch, der ihn seit der Kindheit begleitet, sich in ihm verinnerlicht hat. "Nie wieder Krieg, hörte ich in der Schule, höre ich auch von meiner Mutter. Nie wieder Krieg, dann lieber trocken Brot." Pohlmann spricht über Bilder aktueller Kriegslandschaften, die nicht von einer KI kommen, sondern – leider – nur zu echt sind.

Freitag, 5. Januar 2024

Weihnachtsminiatorium

Heute, einen Tag vor der Ankunft der Heiligen drei Könige, klang für mich die Weihnachtszeit mit einer ganz neuen Adaption von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium aus. Das Weihnachtsminiatorium, komponiert von Benjamin Schweitzer und im Magdeburger Gesellschaftshaus aufgeführt vom Ensemble Courage aus Dresden.

Marijke Daphne Meerwijk – Sopran
Susanne Stock – Akkordeon
Georg Wettin – Klarinetten
Matthias Lorenz – Violoncello

"Johann Sebastian Bach selbst hat seine Musik nie als etwas statisches verstanden, er hat seine Stücke immer wieder variiert, zu neuen Anlässen verwendet", sagte Matthias Lorenz zu Beginn des Konzertes, "und so haben wir es auch gemacht. Wir können ihn nicht mehr fragen, aber ich glaub, das wäre in seinem Sinn". Und auch Carsten Geerth, Leiter des Gesellschaftshauses war von der Idee gleich begeistert. "Ich hätte nie gedacht, dass ich im Schinkelsaal mal ein Weihnachtsoratorium aufführen könnte", sagte er den MusikerInnen. Denn der Schinkelsaal ist der Magdeburger Kammermusiksaal. Das Geheimnis dieser Aufführung von Bachs Weihnachtsoratorium liegt in Benjamin Schweitzers Adaption des großen Cjorwerks für ein Kammermusikensemble. Benjamin Schweitzer hat das Oratorium unter Verwendung von Bachs Musik für Sopran, Klarinetten, Akkordion und Cello neu komponiert. 

Das knapp einstündige Weihnachtsminiatorium beginnt mit einer Rezitation der Weihnachtsgeschichte, begleitet von leisen Klängen der Instrumente, die wie eine zurüchaltende Orgelbegleitung des Textes klingen. Dass die Musik trotz der völligen Neubearbeitung sehr vertraut klingt, dafür sorgt der Gesangspart – dieser ist sehr eng an Bachs Original angelegt. Bei den Instrumentalstimmen spürt man die Bachzitate, auch wenn diese selten vordergründig durchklingen.