Freitag, 27. September 2019

Vergessene Komponisten in der Kammerphilhamonie

Musik vergessener und verfemter Komponisten stellt die Mitteldeutsche Kammerphilharmonie des Salzlandkreises in dieser Saison in die Mitte ihrer Konzerte. Den Auftakt machte heute Filmmusik des Franzosen Maurice Jaubert.

Maurice Jaubert (3. von links) am Klavier
(Bild: Wikipedia)

Jan Michael Horstmann, seit dieser Spielzeit neuer Dirigent der Kammerphilharmonie, sagte in seiner Konzerteinführung: "es gibt so viele Komponisten, die heute vergessen sind, oft zu unrecht vergessen sind, verfemt wurden, nicht mehr gespielt werden durften, umgebracht wurden – wir wollen ihnen und ihrer Musik in unseren Konzerten ein neues Leben geben. Bei der Zusammenstellung der Konzertreihe "Festliche Kammerphilharmonische Konzerte" hat die Kammerphilharmonie die Musik dieser Komponisten zwischen die anderer, heute immer noch berühmter Komponisten gesetzt. "Wir hätten auch ein extra Konzert nur für diese Komponisten machen können, dann wären sie einmal aufgeführt und wieder vergessen", sagte Horstmann, "so bleiben die vergessenen Komponisten durch die Dauer der Konzertreihe vielleicht besser in Erinnerung".

Beim Auftaktkonzert der Reihe "Am Hofe von Versailles" war es Maurice Jaubert (1900 – 1940), dessen Musik zwischen Jean-Féry Rebel und Joseph Haydn gesetzt wurde. Jaubert komponierte in den 1930er Jahren populäre Musik für Theater, Ballett und für knapp 30 Filme. So auch für den 1933 gedrehten Film Quatorze Juillet (Der 14. Juli). Ein Film, der am Vorabend des französischen Nationalfeiertags beginnt: die Straßen werden geschmückt, die Blumenverkäuferin verliebt sich in den Taxifahrer Jean, natürlich kommen einige Verwicklungen bis hin zur Pariser Unterwelt dazwischen, ehe sich die beiden wirklich haben dürfen.

Samstag, 21. September 2019

Orgelnacht im Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg

Orgelmusik bis Mitternacht gab es an der Jehmlich-Orgel im Magdeburger Kloster unser lieben Frauen: Musik unterschiedlichster Stile, von Klassik über Klezmer bis zu freier Improvisation. Die Orgelnacht war Teil der Magdeburger Kulturnacht, die wie ein über die ganze Stadt verteiltes Festival war. An vielen Orten in Magdeburg gab es Musik, Theater, Ausstellungen, Performances.


Wegen anderer Termine schaffte ich es erst gegen Ende der Orgelnacht ins Kloster, gerade als Sandra Schilling über Filmmusik-Themen improvisierte. Beschwingte Klänge, bei denen sie die Jehmlich-Orgel wie eine Jahrmarktsorgel klingen ließ – eine interessante Erfahrung, die Orgel so zu erleben. Dann wieder Dramatik, irgendwas aus Star Wars meinte ich herauszuhören, und am Ende nochmal der volle Klang einer Kirchenorgel.

Gleich im Anschluss standen der Domorganist Barry Jordan und der Saxophonist Warnfried Altmann auf dem Programm. Man sah Barry Jordan am Spieltisch der Orgel sitzen – doch die Töne kamen aus ungeahnter Richtung, von irgendwo weit hinten im Rücken der Zuhörer, aus den Tiefen des großen romanischen Kirchenschiffes. Warnfried Altmann steht dort mit seinem Saxophon, das er langanhaltend bläst, mit Klängen, die tatsächlich denen einer Orgel ähneln. Deutlich ist die Melodie des Chorals „Wer nur den lieben Gott lässt walten“ herauszuhören. Nun antwortet auch Barry Jordan mit leisen Tönen der Orgel. Den Choral weiter spielend schreitet Altmann durch die Mitte der Stuhlreihen nach vorn, steht schließlich vor dem Orgelprospekt. Es entwickelt sich ein Wechselspiel zwischen beiden Musikern. Auf schreiend laute Saxophontöne antwortet Jordan mit kräftigen Akkorden.

Sonntag, 1. September 2019

Ouvertüre zur neuen Saison der Telemann-Sonntagsmusik

Unter dem schlichten Titel "Ouvertüre" für das inzwischen 563. Konzert startete die Telemann-Sonntagsmusik in ihre neue Saison.
Robert Sellier – Tenor
Thomas Ernert – Oboe
Birgit Schnurpfeil – Violine
Henriette Auracher – Violine
Hartmut Neubert – Viola
Katharina Holzhey – Violoncello
Johannes Weiss – Cembalo

Am Beginn des Konzertes zur Eröffnung der neuen Sonntagsmusik-Saison gab es ein reines Telemann-Programm: Geistliche Kantaten sowie Ouverturensuiten und Triosonaten, zwei instrumentale Gattungen, mit denen der Komponist prägend auf das Musikleben seiner Zeit eingewirkt hat.

Der Opern- und Konzertsänger Robert Sellier wirkte er in zahlreichen Barockopernproduktionen mit und arbeitet seit langem intensiv mit verschiedenen Alte-Musik-Ensembles zusammen – so wie heute mit seinen erfahrenen Kollegen aus dem Händel-Festspielorchester Halle. So waren die beiden immer ein wenig zerstrittenen größten Städte des Landes musikalisch vereint. 

Eines der interessantesten Stücke war für mich eines für Solo-Violine. Johannes Weiss, der auch durch das Programm führte, sagte dazu "Diese Solo-Stücks dienten immer auch dazu, besondere Eigenheiten oder Fähigkeiten des Instrumentes besonders hervorzuheben". Für die Umsetzung hatten sich die beiden Violinistinnen etwas ganz besonderes ausgedacht: Henriette Auracher verschwand, noch während es den Applaus des vorangegangenen Stückes gab, unauffällig durch die Tür am Ende des Saales – die zu einer Treppe hoch auf die Empore führt. Birgit Schnurpfeil begann das Solostück zu spielen, hielt mit erhobenem Bogen kurz inne, wie um dem Klang nachzulauschen. Irgendwo von oben her, unsichtbar für die Besucher, wurde die Melodie fortgesetzt. Das wiederholte sich noch mehrere Male. Das war ganz großes Können, zumal sich auch die beiden Musikerinnen nicht sehen konnten, und das war auch eine wunderbare Erfahrung der Musik, zauberhaft! Man konnte förmlich den Geist der Musik spüren. Mitunter war es nicht einfach nur ein ineinander Übergehen der Klänge beider Instrumente, man meinte zuweilen ein paralleles Spiel der beiden zu vernehmen. Aber das konnte doch gar nicht möglich sein, so ganz ohne Blickkontakt. Oder etwa doch? Wie auch immer: gekonnt und ganz große Klasse! Zugleich war es ein Beweis der akustischen Qualität des Schinkelsaales. Denn für den Zuhörer unten im Saal war es ohne hinzusehen nicht zu unterscheiden, wer von beiden gerade die Violine spielte. (Bedauerlich war nur, dass es bei diesem zauberhaften Stück im Publikum einige Idio... wenig sensible Zeitgenossen gab, die sich darüber austauschen mussten, wo denn nun der Klang der unsichtbaren zweiten Violine herkam. Mit verhaltener Stimme zwar, aber für die übrigen doch deutlich vernehmbar.)