Donnerstag, 18. Oktober 2018

Daniel Kahn & The Painted Bird

Heute fand im Forum Gestaltung Magdeburg innerhalb der Tage der jüdischen Kultur und Geschichte 2018 ein Konzert von Daniel Kahn & The Painted Bird statt.
Daniel Kahn – Gesang, Gitarre, Akkordeon
Christian Dawid – Posaune, Klarinette
Michael Tuttle – Bass
Hampus Melin – Schlagzeug
Eva Lapsker – Videopräsentation

Der aus Detroit stammende Daniel Kahn stellt die neue CD "The Butcher’s Share" in den Mittelpunkt seines Konzertes. Rockige Musik, die dennoch vom Stil her schwer einzuordnen ist. Mal liegt sie in der Tradition amerikanischer Singer/Songwriter, mal ist sie punkig angehaucht und kraftvoll schräg, mal Klezmer-Band und oft mit Einflüssen von Brecht und Weil. Und fast immer mit politischen Botschaften in den Texten, die man als Auseinandersetzung mit den großen aktuellen Themen sehen kann, mit Krieg und Frieden, Gleichberechtigung und Freiheit. Das alles in einer Mischung aus Deutsch, Englisch und Jiddisch. Dabei ist Mischung sogar wörtlich zu verstehen, denn Kahn wechselt oft sogar innerhalb eines Liedes die Sprachen. Mit dem interessanten Effekt, dass damit auch sprachlich "alles mit allem zusammenhängt".

Das Konzert bekam durch die im Hintergrund laufende Videopräsentation eine besondere Wirkung. Die von Eva Lapsker zusammengestellten Fotos und Grafiken unterstützten die Aussagen der Texte, gaben Anhaltspunkte für Assoziationen. Schlachthausszenen (The Butcher's Share),  Zusammenschnitte von Graffitis (Freedom is a verb) oder bei vielen Titeln: Grafiken des New Yorker Künstlers Eric Drooker, von dem auch die Grafiken des CD-Covers und Booklets stammen. Nebenbei liefen auf der Leinwand auch Übertitel zur Übersetzung der teils englischen oder jiddischen Textzeilen.

Viele der Lieder blieben mir nach dem Konzert noch in Erinnerung. Am Bemerkenswertesten vielleicht Freedom is a verb. Mit dem Refrain "It's a verb! Freedom is a verb! / Something never finished, never done! / It's something you must make / It's something you must take / It's something you must constantly become" (Freiheit ist kein Substantiv, Freiheit ist ein Verb, nichts ist fertig, es ist vieles was Du tun muß, vieles was ständig getan werden muß) findet Kahn eine neue Metapher für das, was schon Goethe seinen Faust sagen ließ: "Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muß".

In vielen Lieder spielt Gesellschaftskritik mit. Das Titelstück, The Butcher's share, hat die Ausbeutung von Arbeitern zum Hintergrund und erzählt davon, daß alles im Leben seinen Preis hat, bebildert abwechelnd von Schlachthofszenen und Totentanz-ähnlichen Holzschnitten. Es gibt Lieder über die Gleichberechtigung von Frauen ebenso wie über das durch Occupy Wallstreet in die Öffentlichkeit gebrachte Motto "Wir sind 99 Prozent", in dem es heißt:"Ninety-Nine is a community, one percent is a fuck-you-nity"). Stephane Hessels "Empört Euch!" dürfte da auch nicht weit weg sein, ebenso wie beim "Marsch der Arbeitslosen"

In einem Song gab es einen Schnelldurchlauf durch die Geschichte des jüdischen Volkes, in einem anderen wurde an eine jüdische Partisanin erinnert, die mit ihrer Pistole einen Munitionszug zum stehen bringt. Dann eine wunderbare jiddische Version von Lili Marleen. Geschichtliche, wirtschaftliche und kulturelle Zusammenhänge in poetischer Form deutlich zu machen ist ein wichtiger Aspekt in Kahn's Musik.

Am Ende standen ein ukrainisches Trinklied, in einer sehr jiddisch-punkigen Version, und als noch nach einer weiteren Zugabe verlangt wurde, Leonard Cohens "Halleluja", in Kahns jiddischer Übersetzung. Daniel Kahn allein auf der Bühne, nur mit seiner Gitarre. Ein berührender Abschluss eines wilden Konzertabends.


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