Außergewöhnlich sind die Bilder von Elisabeth Heinemann in der Kunsthalle Kühlungsborn ebenso wie es das Zustandekommen der Ausstellung ist. Denn die war bereits für Mitte März angekündigt, der Termin der Ausstellung fiel genau in den Beginn der Corona-Pandemie. Heute nun wurde die Ausstellung der Magdeburger Fotografin eröffnet.
Für ihr Langzeitprojekt, dem sie den Titel "außer gewöhnlich" gab, bat Elisabeth Heinemann in den vergangenen etwa 15 Jahren zahlreiche Künstler aus In- und Ausland darum, ein Porträt von ihnen fotografieren zu dürfen. Entstanden sind über hundert Fotografien, oft in einem sehr harten Schwarzweiß und auf die Gesichter konzentriert, in denen Elisabeth Heinemann es fertig bringt, ein sehr charakteristisches Bild der Personen zu zeichnen.
Zur Eröffnung der Ausstellung wies der Geschäftsführer der Kunsthalle, Franz N. Kröger, auf die Schwierigkeiten hin, die er wie so viele Künstler und Kulturschaffende durch die Corona-Pandemie hatte: "Die Ausstellung war bereits im März fest eingeplant", sagte er, "Und auch wenn allmählich die ersten Veranstaltungen wieder beginnen können, so gibt es doch kaum die Chance, etwas kurzfristig zu wiederholen. Bei Elisabeth Heinemann hatten wir das Glück, dass wir eine andere geplante Ausstellung noch etwas schieben konnten". Denn auch ihn reizten die Fotos: "Eine Schwarzweiß-Ausstellung hatten wir noch lange nicht. Die Fotos wirken auf ihre ganz besondere Weise".
So sieht das auch Grit Warnat, die Heinemanns Fotos schon lange kennt. Die Kulturredakteurin der Magdeburger Volksstimme hielt die Laudatio auf Elisabeth Heinemann. Darin wies sie auf die Art der Fotografin hin, nicht einfach nur Porträts zu fotografieren, sondern auch die Geschichte der Personen, ihre Gedanken und Wünsche zu ergründen. "Dazu stellt sie allen abgebildeten die selben drei Fragen", erklärte sie dem Publikum: "Was ist für Dich Glück? Was erwartest Du vom Leben? Wovon träumst Du?" Die Antworten sind in einem Hefter abgedruckt, der in der Ausstellung ausliegt.
Für Grit Warnat ist dann auch das Besondere an den Bildern nicht nur die Art zu fotografieren, sondern eben auch die Geschichte dahinter. Sie verweist auf das Porträt von Esther Bejarano in der Ausstellung, das auf sie einen großen Eindruck gemacht hat. Für sie ist das Porträt der alten Frau, der Ausschwitz-Überlebenden und unermüdlichen Kämpferin gegen das Vergessen der Nazidiktatur ein ganz besonderes Bild. Und zugleich ein Anknüpfungspunkt zu einem weiteren, in der Ausstellung nicht enthaltenen Schwerpunkt von Elisabeth Heinemanns Schaffen. "Auch in Altenheimen hat sie fotografiert. Viele scheuen den Weg dorthin".
Elisabeth Heinemann hatte etwa hundert Fotografien mit nach Kühlungsborn gebracht. In die Ausstellung schafften es knapp sechzig. Erst in der Kunsthalle selbst, beim Hängen der Bilder, entschied die Fotografin, welche Fotos in den klaren, kaum gegliederten Raum der Kunsthalle mit den langen weißen Wänden passten, welche wie mit- und aufeinander wirkten.
Die musikalische Begleitung der Eröffnung der Ausstellung kam vom bolivianischen Cellisten Sati-Noah Jiminez. Jiminez studiert gegenwärtig in der Cello-Klasse von Antoaneta Emanuilova an der Rostocker Hochschule für Musik und Theater. Dort ist er auch im Akademischen Konzerthaus-Orchester zu erleben. In Kühlungsborn gab es von ihm Musik von Johann Sebastian Bach, Charles Gounod und Camille Saint-Saëns. Auf seinem Cello holt er die tiefen dunklen Töne hervor, wenn er es mit langen Bogenstrichen spielt. Wie sieht er die Fotos? Ihn faszinieren die Blicke der abgebildeten: "Mit den Augen kann man nicht lügen".
Am Ende der Vernissage bedankte sich Franz Kröger bei der Stadt Kühlungsborn – auch dafür, "dass sie uns nicht behindert", und fügte hinzu "und ich meine das ehrlich". Angesichts der immer noch bestehenden Corona-Bekämpfungs- und Vorbeugungsmaßnahmen und der Einschränkungen von Veranstaltungen ist so etwas nicht hoch genug zu bewerten. Vielleicht lag es an der Vorsorge vor Corona, vielleicht auch nur an der wunderschönen Lage der Kunsthalle, in erster Reihe an der Strandpromenade, jedenfalls verlagerte sich dann die kleine Feier der Vernissage an den nur wenige Meter entfernten Strand der Ostsee, wo eine leichter Abendwind frische, nicht zu kühle Luft lieferte und ein Regenbogen am Horizont Hoffnung verhieß.
Die Ausstellung ist noch bis zum 18. Oktober zu besichtigen.
Elisabeth Heinemann vor ihrem Porträt der Sängerin Tabea Wollner |
Kunsthallenchef Franz Kröger bei der Eröffnung der Ausstellung |
Sati-Noah Jiminez begleitet die Vernissage |
Grit Warnat hält die Laudatio |
Sich Zeit nehmen und fast allein in der Ausstellung die Bilder nochmals in Ruhe wirken lassen |
Statt einer Party zur Vernissage gab es im kleinen Kreis Rotwein an der frischen, sauberen und gesunden Seeluft am Strand von Kühlungsborn. |
Die Abendsonne zauberte einen kleinen Regenbogen an den Himmel. Und wer weiß, vielleicht ist dort ein Schatz versenkt. |
Fotos 1, 2, 3, 8, 9: Rolf Winkler
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