Samstag, 10. August 2019

Konzert für Trompete und Orgel

Joachim Schäfer (Trompete) und Alina Kushniarova (Orgel) spielten heute in der Pretziener St.-Thomas-Kirche. Der Dresdener Trompeter Joachim Schäfer war schon oft und in unterschiedlichen Besetzungen Gast des des Pretziener Musiksommers. Diesmal kam er in Begleitung der in Weißrussland geborenen und in Bremen lebenden Organistin Alina Kushniarova. Das Konzert, das letzte am Ende einer dreiwöchigen Tournee, hatte er den beiden Instrumenten entsprechend unter den Titel "Das Instrument der Könige und die Königin der Instrumente" gestellt.


Die Kirche war diesmal bis zum allerletzten Platz gefüllt, Besucher saßen auch auf der Treppe zum Turm und im Bereich hinter der Orgel, neben dem heiligen Grab. Aufgeheizt von der sommerlichen Hitze war es auch in der Kirche angenehm warm. Noch bis zum Beginn des Konzertes summte die Kirche wie ein Bienenschwarm von Gesprächen der Konzertbesucher. Als aber die zum Konzert läutende Glocke allmählich verklang und Pfarrer Michael Seils zur Begrüßung nach vorn trat, wurde es plötzlich ruhig.

Das Programm begann mit barocker Orgelmusik von Guiseppe Romanino, über den außer dem Namen nichts bekannt ist. Einfache und klare Orgelmelodien sind zu hören, über den hoch Joachim Schäfers Trompete, mit beeindruckenden signalartigen Tönen. Der zweite, langsamere Satz hat dann Liedcharakter. In einer A-Dur-Sonate von Arcangelo Corelli wechselten sich Trompete und Orgel gleichberechtigt und abwechselnd in der Melodieführung ab, wobei die Orgel mehr Raum erhielt, die Melodien auszuschmücken.

In Solostücken für Orgel konnte sich Alina Kushniarova die Möglichkeiten der Pretziener Hüfken Orgel präsentieren. Eine Choralbearbeitung von Dietrich Buxtehude (Komm heiliger Geist) war ein Stück mit ruhigen, besinnlichen Klängen, etwas um an diesem heißen Tag auch selbst herunter zu kommen, seine Gedanken zur Musik schweifen zu lassen. Kräftiger war eine D-Dur-Sonata von Car Philipp Emanuel Bach, das wie für die kleine Orgel gemacht schien. Im langsamen Adagio füllten die tiefen Töne der großen Holzpfeifen die Pretziener Kirche. Eine wunderbare Musik! Später kam auch der Meister der Orgelmusik, Johann Sebastian Bach, ins Programm. Alina Kushniarova konnte bei dessen Präludium und Fuge in A-Dur nochmal die ganze Pracht der Pretziener Orgel zeigen. "Ein hervorragendes Instrument, das gut in die Kirche passt", sagte sie nach dem Konzert. "Man braucht nur einen Teil der Register, um den gesamten Raum mit Musik zu füllen".

Ein Höhepunkt und für mich eine  Neuentdeckung war Léon Boelmann (1862 - 1897) mit Auszügen aus der Suite Gothique. Ein Stück aus der Orgelromantik mit einer voll tönenden Orgel. Beide Musiker verströmen eine beinahe unbändige Kraft, als die Orgel aus fast allen Registern ertönt und Joachim Schäfer kräftige Trompetensignale hinzufügt. Nach einem etwas ruhigen Satz endet das Stück mit festlichen Klängen. Königlichen Klängen – denn hier kann man mal den Titel des Konzertes durchaus wörtlich nehmen. "Boelmann gehört eigentlich zu den Klassikern für Organisten", sagte Joachim Schäfer nach dem Konzert, "das Stück ist als Solo für Orgel komponiert, hier haben wir eine der Orgelstimmen auf die Trompete umgelegt".

Schon ein ganzes Stück moderner war eine Variation über den Choral Nun danket alle Gott von Siegfried Karg-Elert. Moderne, expressionistische  Kirchenmusik aus der Zeit der Wende zum 20. Jahrhundert, in dem ab und an Zitate der vertrauten Choralmelodie hindurchscheinen. "Karg-Elert stand zu seinen Lebzeiten im Schatten Regers, man hatte ihn viel zu wenig wahrgenommen", sagte Schäfer über den Komponisten.

Als Zugabe gab es Felix Mendelssohn Bartholdys Auf den Flügeln des Gesangs. Ein Stück, dass mit seinen weltlichen Melodien (ich hörte da Zitate von am Brunnen vor dem Tore oder Mein Hut der hat drei Ecken heraus, aber das kann auch die Phantasie der Ohren gewesen sein) einen Gegenpunkt zu dem bis dahin von Kirchenmusik dominierten Programm setzte. "Alles hat seine Zeit", sagte Joachim Schäfer auf die Frage danach, warum er das Konzert mit diesem musikalischen Schwenk beendete. "Und vielleicht ist es auch an der Zeit, mal wieder die romantische Musik hervorzuholen, nachdem wir uns so lange mit der alten Musik, mit Bach und Händel beschäftigt haben. Beim Publikum sehe ich immer begeisterte Gesichter bei diesen Melodien". Übrigens war das auch beim heutigen Konzert in Pretzien der Fall.


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