Samstag, 16. August 2025

Buntes Musiktheater im Kulturgut Dönkendorf

Eine quirlig bunte Reisegruppe, angeführt von einem Guide mit hochgerecktem Regenschirm, fiel in den bis dahin so ruhig und beschaulich im Abendlicht liegenden Park des Kulturgutes Dönkendorf ein. Die Gruppe von Reisenden sollte sich bald darauf als Mitglieder des Chores erweisen, der, dirigiert von Monika von Westernhagen, mehrfach im Verlauf des Abends auftreten würde und die Besucher des gar nicht so kleinen Musikfestes von Station zu Station führen sollte. Fünf Landes-Pavillons standen im Park verteilt, den Ländern Frankreich, Syrien, Italien, Iran und Schweiz zugeordnet und Künster:innen besetzt, die in Musik, Sprache und Dichtung diese Länder präsentierten. 

Cornelius Lewenberg – Bariton
Monika von Westernhagen – Mezzosopran und Chorleitung, Idee und Regie
Martina Schänzle – Klavier
Warnfried Altmann – Saxophon
Ehsan Ebrahimi – Santur
Shahram Teymoury – Setar
Verena Piwonka – Tanz
Sabine Barthelmes – Tanz
Mohamad Issa – Dichtung
Stefanie Stocker – Schauspiel
Christian Kaiser – Schauspiel
Dönkendorfer Chor
Chorgemeinschaft Wismar


Damit hatte sich Monika von Westernhagen ein Setting ausgedacht, das auch die Besucher des Musikfestes in Bewegung hielt. Kurze Acts an den Landespavillons, dann ging es schon wieder weiter, oft mit etwas Situationskomik. Nach einer ausführlichen Pause mit an die Gastländer angepasster Verpflegung ging es mit einer an Goethes westöstlichen Divan angelehnten Inszenierung mit Wort, Musik und Tanz weiter.

Ein Auftakt mit dem Chor, dann französische Kunstlieder, gesungen von Cornelius Lewenberg. Am syrischen Pavillon deklamierte der Syrer Mohamad Issa syrische Lyrik, begleitet von Warnfried Altmann mit frei improvisierten Saxophonklängen. Beide kennen sich aus Magdeburg, wo Altmann im Forum Gestaltung eine Jazzreihe kuratiert.

Kommödiantisch ging es in Italien weiter: dort wurde halb italienisch, halb deutsch über Sommergetränke wie den Aperol Spritz parliert. Wieder hinweg über das Mittelmeer landete die Reisegruppe im Iran. Unter der Trauerweide sitzend spielte Ehsan Ebrahimi die Santur, eine Version des hier bekannten Hackbretts. Perlende Klänge füllten den Garten. Begleitet wurde er von Shaharom an der persischen Langhalslaute Setar und mit Gesang. Zwei Musiker, die sich sehr schön ergänzten.

Die Reise endete in Europa – in der Schweiz. Auf einer aus Feldsteinen aufgebauten Version des Matterhorns wehte die Schweizer Fahne. Darunter saß  der Schweizer Schaspieler Christian Kaiser und deklamierte Verse von Franz Hohler, teils witzige Kindergedichte (die Erwachsene mit ebensolch großem Vergnügen lesen), teils Zivilisationskritik, immer mit einer guten Prise Schweizer Humor gewürzt. Dass am Ende das halbe Matterhorn zusammenstürzte, war nicht geplant, passte aber zu den jüngsten Bergstürzen in der Schweiz, wo die tauenden Gletscher Berge zum Einstürzen bringen. 

In der Pause gab es Speisen aus aller Herren Länder, vor allem aber aus den in den Pavillons vertretenen. Deutsche Bouletten (wobei ich hier eher das deutsche Wort dann Bratklops verwenden müsste) mit Senf, Schweizer Wurstsalat, Baguettes mit Camembert, Coucous und arabische Brotaufstriche. Wie zu erfahren war, waren auch die beteiligten Künstler mit eigenen Speisen vertreten. Das Anstehen am Buffet war auch Gelegenheit für Gespräche, über das woher und wohin der Gäste, die aus Urlaubern ebenso bestanden wie aus dem Kulturpublikum der Gegend. 

Als sich die Sonne schon hinter den Bäumen versteckte und es allmählich kühl wurde, ging es unter dem Dach einer großen Freiluftscheune weiter. Mit einem ebenso phantasievollem, wenngleich völlig anders inszeniertem Programm. Christian Kaiser las im Dialog mit Stefanie Stocker Zitate aus Goethes west-östlichem Divan, mal auf persisch, mal auf deutsch. Einiges der ausgewählten Texte klang nach Liebeslyrik, sehr schön an diesem Abend. 

Ich muss eingestehen, dass ich Goethes westöstlichen Divan bisher nur dem Titel nach kannte. Eine Wissenslücke für mich, und vor allem: eine interessante Hörerfahrung, machte sie doch deutlich, dass es bereits zu Goethes Zeiten einen Grenzen von Sprache und Religion überspringenden Dialog der Kulturen, Philosophien und Religionen gab. Zwischendurch mischte sich der Chor unter das Publikum und stellte sich als das Gegenteil der Verständigung dar, mit einem Kauderwelsch verschiedener Stimmen. 

Das Programm ging bis in den späten Abend hinein, als der Abendhimmel dunkelblau über der warm erleuchteten Kulturscheune stand. Ein letztes Lied von Monika von Westernhagen gesungen, blieb noch die ganze Rückfahrt über im Ohr.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen