Carsten Geerth, der den Abend im Forum Gestaltung eröffnete, freute sich sichtlich über das runde Jubiläum des Festivals, zu dessen Eröffnungskonzert er „als Reverenz an unsere Stadt Musiker aus Magdeburg und der Region eingeladen“ hatte.
Carsten Geerth (links) eröffnete das Festival. Neben ihm: Oliver Schneller, der das Festival vor zehn Jahren gründete und Mikro Lange, der langjährige Tontechniker des Festivals |
Den Auftakt machte Mathias Markgraf, besser bekannt unter seinem Pseudonym Prypjat Syndrome. In Magdeburg ist er oft an unterschiedlichen Stellen zu erleben, auch als Straßenmusiker, wenn er sich mit seinem schwarzen Cello und seinem Elektronikkoffer zum Beispiel vor den Bahnhof oder auf die Sternbrücke setzt und spielt.
Auch wenn man seine Musik bereits kennt, die eine oder andere CD zu Hause hat, ist es immer wieder beeindruckend, seine sphärischen Klänge, die er durch Loop-Stations vervielfacht, live zu hören. Live dabei zu sein, wie er tief in seine Musik versunken Melodien spielt, die teils klassisch inspiriert wirken, dann wieder der Geige von City ähneln (die von „am Fenster“) , Klänge , bei denen man träumen mag und die dann wieder rockigen Klängen Platz machen, zu denen er die Rhythmen auf dem Cello klopft. In den endlosen Wiederholungen erkennt man auch Ansätze an minimal music.
Zweiter Musiker des Abends war Theodor Striese, der am Magdeburger Konservatorium bei Bernhard Schneyer die Komponistenklasse besuchte und nun in Berlin lebt. Sphärische Klänge gab es auch von ihm, sphärischer vielleicht noch als bei Prypjat Syndrome - nur waren sie diesmal elektronisch erzeugt. Wo man vorher noch die Entstehung der Musik und die Virtuosität des Musikers verfolgen konnte, das akustische Instrument vor sich sah, blieb nun der eigentliche Entstehungsprozess der Klänge weitgehend im Verborgenen. Striese hatte vor sich mehrere Sample Player stehen, hinter deren leuchtende Tasten er seine komponierten Klänge gelegt hatte. An diesem Elektronischen Equipment saß er, drückte hier die Tasten einer Leuchtorgel, drehte dort an den Reglern und der Raum füllte sich mit Synthie-Klängen. Wenn man sich drauf einließ und mit geschlossenen Augen der Phantasie freien Lauf ließ, dann konnte man schon mal über sich einen Hubschrauber knattern hören und unter sich hatte man einen halligen U-Bahn-Schacht.
Das Electronic-Duo Cubehog (Jessica Denecke und Ivo Siemonsmeier) spielte im dritten Set des Abends. Jessica Denecke singt Melodien und Silben, auch einzelne Texte in ihre Loopstation, überlagert diese, dazu spielt Ivo Siemonsmeier Keyboard-Töne und Samples. Beide erzeugen eine Musik, die an diesem Abend eher von der Stimmung denn vom Text lebt, denn die Texte gehen weitgehend in der halligen Atmosphäre des Veranstaltungsraumes unter. In einem Lied singt Jessica Denecke „I‘m the strongest women“, was in Kontrast zur zierlichen Figur der Sängerin zu stehen scheint. Electronic-Klänge und Gesang ergeben auf jeden Fall eine Musik, bei der man sich von der Stimmung tragen lassen kann, von einer Musik, die gut zu langen Autofahrten durch winterlich kalte Landschaften passen würde.
Im vierten Set gab es was auf die Ohren, dröhnen kräftige und sehr basslastige Disco-Klänge (oder was auch immer das ist – sorry, da kenne ich mich wirklich nicht aus) durch das Foyer des Forum Gestaltung. Erzeugt von der „Atlas Rhythmus Machine 01“ (Michael Conrad, Pascal Augner, Daniel Ohnesorge).
Am Ende des Abends kommen drei skuril gekleidete Menschen auf die Bühne, in bunten Maleranzügen, mit merkwürdigen Kopfbedeckungen. Einer von ihnen ist Mikro Lange. „Er hat das Festival schon von Anfang an als Techniker begleitet“, sagt Carsten Geerth zur Begrüßung der Band, „heute steht er mal selbst auf der Bühne“. Und mit ihm noch Nick Neils und Frank Wunderlich, zusammen als Band "Wunder & Nei.n". Was die drei an Klängen fabrizieren, mit Keyboard, E-Gitarre und Gesang, ist ebenso subversiv wie anarchisch, ist ebenso phantasievoll wie trashig. Die drei inszenieren einen Gegenentwurf zu gewohnter Musik, stehen als Punk-Band vor dem Publikum. Die Texte ihrer Songs bestehen nur aus einer Textzeile, die sie aber voller Kraft herausschreien. „Ich möchte lieber tot sein“ ist zu hören, aber auch, „ich lasse mir die Laune nicht verderben“. Was auch immer es war, es machte Spaß, diese Performance zu erleben.
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